Religionsgemeinschaft des Islam
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Aus: Berliner Morgenpost

Erstellt am: 07.04.2005

Berliner Religionskrieg

Von Eckhard Fuhr

Der rot-rote Berliner Senat wartet im Einstein-Jahr mit einer Relativitätstheorie der besonderen Art auf. Die SPD-PDS-Koalitionäre wollen in den Schulen einen für alle verpflichtenden Werteunterricht einführen, in dem die Schüler lernen sollen, daß Wertvorstellungen relativ sind. Religiös und weltanschaulich neutral soll den Schülern "interkulturelle Bildung" vermittelt werden, um ihre "Dialogfähigkeit" auszubilden. In der Berliner SPD glaubt man, durch das neue Fach das Problem des muslimischen Fundamentalismus aus der Schule heraushalten zu können. Würde staatlicher Religionsunterricht eingeführt, hätten auch die Muslime Anspruch darauf, daß dieser Unterricht, wie es im Grundgesetz heißt, "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften" erteilt wird. Der allgemeine Werteunterricht soll dagegen die Schüler dazu befähigen, die eigene religiöse Herkunft in Frage zu stellen. Haben wir es also mit einer hoch begrüßenswerten Maßnahme zur Bekämpfung fundamentalistischer Umtriebe und zur Eingliederung moslemischer Jugendlicher in die pluralistische Gesellschaft zu tun?

Die Antwort lautet: mitnichten. Das Flanieren im bunten Haus der Kulturen, das Relativieren der eigenen Herkunft, das eilfertige Verständnis und die routinemäßige Sympathie für das "Andere" immunisieren junge Menschen nicht automatisch gegen Fundamentalismus und schaffen auch nicht die Kraft zur Toleranz. Muslimische Selbstmordattentäter hatten nicht zu viel, sondern zu wenig Religionsunterricht, und vor allem den falschen. Sie sind Analphabeten ihrer eigenen Kultur. Die Starrheit des Buchstabenglaubens bringt zwar für den Islam insgesamt besondere Probleme mit der säkularen Moderne. Aber daß er nicht aus sich selbst die spirituelle Kraft hervorbringen könne, die sich dagegen stemmt, aus Kindern Killerautomaten zu machen, wird man nicht behaupten können. Diese Fähigkeit wäre in einem islamischen Religionsunterricht unter staatlicher Aufsicht am besten zu fördern.

Das Beispiel Islam zeigt, wie verfehlt die "religionshygienische" Haltung ist, die SPD und PDS in Berlin einnehmen. Sie glauben, daß durch Schwächung der Religion die universellen Werte, die den Kern unserer Verfassung ausmachen, um so stärker zur Wirkung kommen. Sie können in der Religion nichts anderes als ein Relikt, einen Störfaktor oder gar eine Gefahrenquelle erkennen. Die SPD-PDS-Pläne erinnern, obwohl oder gerade weil sie sich in den üblichen multikulturellen Allerweltsjargon kleiden, an die kathedersozialistische Engstirnigkeit des 19. Jahrhunderts.
 
 
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